In der Anfangsphase wurden die Spielzeuge von Hand gefertigt und manchmal sogar von den Kindern selbst hergestellt, wobei sie im Allgemeinen versuchten, reale Gegenstände nachzuahmen. Die industrielle Revolution revolutionierte die Herstellung dieser Unterhaltungsgeräte und die Entwicklung der Technologie ermöglichte die Herstellung von Objekten, die dem Original immer ähnlicher wurden.
Hinweis: Je nach Betrachtungsweise kann die Frühe Neuzeit wiederum in folgende Zeitabschnitte unterteilt werden:
- Anbruch der Renaissance (ca. 1350–1450) (häufig noch zum Spätmittelalter gerechnet)
- Zeitalter der Entdeckungen (1415–1531)
- Zeitalter der Reformation und der Glaubensspaltung (1517–1648; Ende des 30ig jährigen Kriegs)
- Zeit des Barocks („Absolutismus“) und der Aufklärung (ca. 1650–1789)
- Ende des Ancien Régime oder Beginn der Französischen Revolution (1789–1815)
- Industrielle Revolution (1800–1900)
Aus der Zeit vor dem 19. Jahrhundert sind nur wenige Spielzeuge erhalten, was darauf schließen lässt, dass es nur wenige davon gab und diese nur für Kinder aus adligen und wohlhabenden Familien erhältlich waren. Der wahre Grund für ihre Seltenheit liegt jedoch darin, dass sie zerbrechlich und schwer zu handhaben waren und zudem aus vergänglichen Materialien hergestellt wurden. Historische Quellen, wie eine Bestandsaufnahme aus dem Archiv eines Pariser Großhändlers, belegen jedoch, dass sich im Jahr 1782 ca. 500.000 Spielzeuge in den Läden befanden.
Spiele während der Reformation
Übrigens gab es in dieser Zeit auch geistliche Häupter, die über die sicherlich abzulehnenden Auswüchse hinaus nicht bereit waren, gleich jedes Spiel und jede Spielart als Teufelswerk zu verdammen. Martin Luther liebte das Wurfzabelspiel sehr und pflegte es mit seiner Frau und seinen Freunden. Er soll es sogar einmal zum Gegenstand einer Predigt gemacht haben, die aber wohl nicht überliefert ist.
Dieses Wurfzabelspiel war nichts anderes als jene Variante auf dem Backgammon-Brett, die heute noch in Griechenland sehr beliebt ist und dort "portes" genannt wird. Über die Kreuzzüge war dieses Spiel nach Europa gekommen und wurde in nahezu in allen Ländern sehr bald zum meistgespielten Brettspiel. Wir finden es daher in sehr, sehr vielen mittelalterlichen Abbildungen wieder, insbesondere in der Buch-und Initialenmalerei.
Auch ein aufgeklärter, allen Wissenschaften und Künsten zugewandter Fürst begegnet uns auf unserem weiteren Streifzug durch die Spielgeschichte. Er hat sich an der Schwelle der beginnenden Neuzeit in besonderer Weise um das Spiel und seine Verbreitung verdient gemacht. Es ist der berühmte Herzog August von Wolfenbüttel.
Unter dem Pseudonym Gustavus Selenus schreibt er 1616 die erste Schachgeschichte und Schachtheorie in deutscher Sprache. Ein großes Familienporträt zeigt, dass an seinem Hof viel und nicht nur Schach gespielt wurde. Die Frauen pflegen Konversationsspiele, wie wir sie auch aus den Büchern des Philipp Harsdörfer kennen, an den Tischen wird Wurfzabel und Schach gespielt, und es wird musiziert - jung und alt munter durcheinander. Das Bild zeigt einen sehr viel breiteren Spielbegriff, als wir ihn heute pflegen.
Spiele im Zeitalter des Barocks
Barock und Aufklärung brachten in das Spiel einen intensiven geistig-kreativen Akzent mit dem Erfolg, dass wir die wechselseitige Einwirkung vor allem in den Künsten wie Malerei und Architektur, aber auch in die Literatur bis heute verfolgen können.
Gotthold Ephraim Lessing, der als Bibliothekar ebenfalls eine Zeit am Wolfenbütteler Hof verbracht hat, liebte das Schachspiel und setzte ihm in seinem wohl bedeutendsten Drama "Nathan der Weise" ein Denkmal. Böse Zungen behaupten, sein Schachtisch sei das einzige authentisch nachweisbare Möbel im Wolfenbütteler Lessing-Gedenkhaus. Alles andere sei halt nur aus seiner Zeit, aber nie von ihm benutzt worden.
Diese geistig und politisch unruhige Zeit des Barock und der Aufklärung war überhaupt eine Hoch- und Blütezeit des Spiels. In Frankreich wurde während der Revolution gar eine Göttin des Spiels als Zeichen der neugewonnenen Freiheit auf die Ehre der Altäre gehoben. Trutzige Bilder zeigen, wie Freiheitskämpfer auf den Barrikaden Karten spielen. Ihre Karten zeigen die neuen bürgerlichen Tugenden Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit als die höchsten Trümpfe. Auch hier hatten sie den verhassten König mitsamt seinen Damen und Buben vertrieben.
Die bald einsetzende Restauration brachte allerdings neue Modespiele auf. Die neue vornehme Gesellschaft und jeder, der in Frankreich dazu gezählt werden wollte, spielte in den überall aufkommenden bürgerlich-intellektuellen Salons plötzlich L'hombre, ein aus Spanien stammendes Kartenspiel, das wir als einen Vorläufer des Bridge ansehen können. Goethe lernte es während seiner Straßburger Zeit kennen und hassen. Ihm wollte es nicht in den Kopf, dass nur derjenige wirklich Ansehen in dieser Gesellschaft genießt, der auf akkurate Art die Spielkarten halten und ausspielen kann. Diese L'hombre-Seuche störte auf lange Zeit sein Verhältnis zum Spiel.
Nur wer diesen Hintergrund kennt, kann ermessen, wie schockiert er war, als ihm zugetragen wurde, dass ausgerechnet einer seiner besten Freunde, nämlich Friedrich Schiller, sich nächtelang dem L'hombre-Spiel hingebe. Selbst wenn Frau Schiller sich schon zur Ruhe begeben habe, würde Friedrich mit den Bediensteten bis in die tiefe Nacht weiterspielen, wussten Weimars Klatschbasen zu berichten.
Goethe war beunruhigt und ermahnte den Dichterfreund, ein wenig mehr an seine dramatische Produktion zu denken und weniger zu spielen. Was er allerdings nicht wusste, war die Tatsache, dass Schiller aufgrund seiner Erkrankung große Atemnot bekam, wenn er sich schlafen legte. Da er aber nicht Tag und Nacht mit Arbeiten und Schreiben verbringen konnte, zog er es halt vor, sich lieber ein wenig mit Spielen abzulenken und beim Spiel zu entspannen. Goethe hat übrigens in der Weisheit des hohen Alters wieder etwas anders über das Spiel gedacht und zum Schachspiel zurückgefunden.
Spiele um 1900
Noch zu Beginn und in der 1.Hälfte unseres Jahrhunderts haben wir eine breite Spielkultur in Deutschland aufzuweisen. Im öffentlichen Bereich, dem Kaffeehaus, dem Hotel-Salon und der Kneipe, dominierte das Kartenspiel. Das waren zunächst einmal landschaftsgebundene Traditionen wie Binokel, Gaigel, Schafskopf und Tarock. Wer aber auf sich hielt, städtische Weitläufigkeit besaß und auch zeigen wollte, spielte dagegen Whist, später Bridge und vor allem Schach.
Ein Frau von Welt aber, so wollten es die Anstandsregeln, rührte an diesen Orten weder Brett- und schon gar keine Kartenspiele an. Allenfalls das ästhetisch schön anzuschauende, gerade 100 Jahre alt gewordene Domino-Spiel wurde ihr zugestanden. Doch die Damen machten aus der Not eine Tugend und übertrugen, listig wie sie waren, viele altbekannte Kartenspiele auf die kleinen gepunkteten Steine. Nur wer ganz genau hinschaute, konnte feststellen, dass hier sogar mit Dominosteinen auf-Spielteufel-komm-raus gepokert wurde. Kein Wunder also, dass uns aus dieser Zeit so viele Domino-Varianten überliefert sind.
Im privaten Bereich wird das Brettspiel geradezu zu einem Symbol der bürgerlich-häuslichen Idylle. Man spielt mit den Kindern die lustig-bunten Meggendorfer-Spiele, einfache Umlauf- und Start-Ziel-Spiele. Mit der Ehegattin und den erwachsenen Töchtern das englische Halma (erst um 1857 erfunden!) und vor allem das brandneue sensationelle "Salta". In seiner aufregend jugendstiligen Aufmachung war es das Modespiel der Jahrhundertwende, das man einfach kennen musste. In den Zeitungen wurden die neuesten Partien der verehrten "göttlichen" Schauspielerin Sarah Bernhard gegen den Autor dieses Spiels, den Hamburger Musiker Büttgenbach abgedruckt. Ja, man konnte sogar eine eigene Salta-Zeitschrift bestellen, um sich so zur höheren Meisterschaft in diesem Spiel aufzuschwingen.
Hinweis: Zum klassischen Schema der Periodisierung der Geschichte zählen die Großepochen Altertum (Antike), Mittelalter und Neuzeit.
- Frühgeschichte (ca. 2,5 Mio. — 500 v. Chr.)
- Antike (ca. 500 v. Chr. — 500 n. Chr.)
- Mittelalter (ca. 500 — 1500 n. Chr.)
- Neuzeit (ca. 1500 — 1900 n. Chr.)
- Neueste Geschichte (1900 n. Chr. — heute)